The Art of Hosting


Mitte September hat sich eine Gruppe Theorie U-Interessierter zum vierten Mal zu einer Online-Konferenz getroffen. Nach einer Einführungsrunde haben wir einmal das Open Space- und nun zweimal das Pro Action Café-Format für unsere Treffen genutzt. Ich will hier von meinen persönlichen Beobachtungen von der Kleingruppenarbeit des letzten Treffens berichten und mit ein, zwei Gedanken über den Dialog im virtuellen Raum beenden.
 
Dachthema unseres letzten Pro Action Cafés war „Das U in mir – das U in der Welt”. Nach der Themenfindung haben wir uns für die drei Phasen des Pro Action Cafés 90 Minuten lang in die Themengruppen aufgeteilt. Ich war an dem Thema „Wie trage ich in meinem persönlichen Umfeld zu den großen Fragen (großer Wandel, dysfunktionale Strukturen, Angst) bei?” 
 
Begonnen haben wir mit einem Blick auf die Anderen. Dazu gehörte die Erfahrung, dass Engagement für den Wandel sehr vom eigenen Engagement abhängt. Lässt dieses nach, erlahmen Initiativen schnell wieder. Ein zweite Erfahrung fand bei uns allen in der Gruppe Resonanz: Dass es bei vielen Menschen Angst auslöst, nach innen zu schauen und bekannte Strukturen, Methoden und Verhaltensweisen zu verlassen. In unterschiedlichsten Feldern ist uns diese Angst schon begegnet: In Unternehmen, im privaten Umfeld, in Initiativen wie der Transition Town-Bewegung.
 
Einen ersten Wendepunkt nahm die Runde mit der Einsicht, dass wir selbst nicht frei von Angst sind. Eine These war, dass wir im Vergleich zu anderen vielleicht schon mehr positive Erfahrungen bei der Überwindung der Angst gemacht haben, was uns Mut macht, tiefer zu forschen. Im Verlauf unserer Runde vertiefte sich der Blick auf uns selbst. Das Gefühl von Einsamkeit wurde geäußert, wenn die Bemühungen im Umfeld eher Ablehnung erfahren. Es tauchten weiterführende Fragen auf, wie „Was ist an meiner Kommunikation nicht gut?” und „ Was treibt mich so an?”. 
 
Aus diesen Fragen entstanden unterschiedlichste Antworten: Die Angst von Teilnehmern anzunehmen und zu akzeptieren. Die eigene Angst in solchen Momenten mit ins Spiel zu bringen. Sich nicht die eigene Kreativität zu verkneifen, aber auch andere damit nicht zu überfahren. Sich auf seine Stärken zu fokussieren und anderes loszulassen. Öfter um Hilfe und Feedback zu bitten. Sich mehr Raum für innere Stille zu gönnen, um von einem tieferen Punkt zum Handeln zu finden.
 
Mich hat unsere Runde und das Thema so gefesselt, dass ich nicht, wie eigentlich im Format vorgesehen, das Thema gewechselt habe. Das Gespräch wurde phasenweise zum Dialog. Die eigenen Anteile rückten in den Blick. Sehr hilfreich war dabei, dass wir uns in der dritten Café-Phase 10 Minuten Zeit für Stille und Reflektion genommen haben, und anschließend unsere Gedanken und Gefühle teilten. Den Teilnehmern, darunter eine Kollegin, die ich vorher noch nicht kannte, fühlte ich mich nach der Runde deutlich näher.
 
In einer parallel laufenden Themenrunde war der Verlauf ähnlich intensiv. Eine Teilnehmerin fasste es so zusammen: „Auch in diesem virtuellen Raum ist berühren und berühren lassen möglich.” In den Schlussrunde gab es weitere ähnliche Statements: „Der Schutz der Gruppe hat es ermöglicht, tiefe Themen anzugehen.”, „Mir tut das gemeinsame Aufmachen sehr gut. Habe das Gefühl daran zu wachsen.”, „Bin dankbar für die Runde, durch die Unterschiede der Wahrnehmungen sind neue Einsichten entstanden, das Bild wurde umfassender.“, „Bin erstaunt, in welche Tiefe es heute gegangen ist. Habe mich ganz schnell in der Runde heimisch gefühlt.”
 
Deutlich scheint mir, dass es uns von Treffen zu Treffen besser gelingt, diese Vertiefung herzustellen. Die Technik rückt dabei mehr und mehr in den Hintergrund, selbst wenn immer mal wieder technische Probleme, wie Verbindungsabbrüche bei einzelnen auftreten. Obwohl wir hunderte Kilometer voneinander entfernt sind, stellt sich ein Gefühl von gemeinsamer Präsenz und Verbundenheit ein. Wir kennen uns überwiegend noch nicht von persönlichen Treffen her, dennoch ist über den virtuellen Raum Verbundenheit zwischen uns entstanden. Vielleicht hilft dabei sogar die räumliche Trennung: Kann es manchmal leichter sein, heikles auszusprechen, wenn man sich nicht direkt dabei sieht? 
 
Viele Grüße,
Rolf

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Replies to This Conversation

Thanks you Rolf for this beautiful harvest! It is really good to read; and I am always happy when the Pro Action Café gets used!! (I will make a few links on the Presencing site, to make sure people understand the Pro Action Café)

What technology did you use?

Do you know there are two Art of Hosting trainings underway in Germany - Nov. in Berlin, and most likely Febr. in the South - might be good to point some people in that direction...

Wir nutzen Vitero als Dialogplattform. Es ermöglicht wie Maestro bei Telefonkonferenzen eine Aufteilung der Gesamtgruppe in Kleingruppen.

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